16.04.2019 | In de media

Hoffnung mit Realitätsbezug

Ein Bericht in der Regio-Zeitung HOPE EMMENTAL von Florian Wüthrich vom April 2019.

Sie ist CEO der Firma PB Swiss Tools in Wasen, die jährlich 12 Millionen Werkzeuge sowie medizinische Instrumente produziert. Und sie ist Präsidentin der Spital Emmental AG, der grössten Arbeitgeberin der Region. Der besonderen Verantwortung als «Fahnenträgerin» fürs Emmental ist sich Eva Jaisli sehr bewusst.

 

«Hoffnung sollte immer mit einem konkreten Bezug zur Realität zu tun haben – mit konkreten Meilensteinen», sagte Eva Jaisli kurz vor Weihnachten 2018 im Gespräch mit «HOPE Emmental». Einen solchen konkreten Meilenstein feierte sie einige Monate zuvor in Burgdorf, als das Spital Emmental mit einem neuen Bettenhaus eröffnet wurde, das nebst dem Notfall mehrere Ambulatorien und vier Pflegeabteilungen mit total 132 Betten beherbergt. «Bei der Finanzierung dieses Neubaus hatten wir intensiv gehofft, dass wir einen guten Weg finden.» Am Ende gelang es der Spital Emmental AG, das 111 Millionen Franken teure Projekt (das dazugehörige Parkhaus war bereits 2015 eröffnet worden) durch Anleihen am Finanzmarkt und ohne Kantonsgelder zu finanzieren.

 

«Hoffnung kann Illusion werden»

Für die Emmentaler Unternehmerin Eva Jaisli hat Hoffnung sehr viel mit dem Zukunftsbild zu tun, das man für sich persönlich malt. Nach ihrem Verständnis ist Hoffnung «eine Orientierungshilfe, die viel darüber verrät, wie jemand die Welt versteht und ein gutes Instrumentarium, um Durststrecken zu bewältigen.» Die Kunst sei jedoch, Hoffnung mit dem Alltag in Verbindung zu bringen. Wo dieser Realitätsbezug wegfalle, könne es auch gefährlich werden, warnt Jaisli: «Aus Hoffnung kann auch eine Illusion werden, wie man bei den Flüchtlingen sieht, die in löchrigen Schlauchbooten das Mittelmeer zu überqueren versuchen.»

 

«Ich hatte Glück, dass ich so viele Menschen getroffen habe, die ihre Aufgaben mit viel Engagement erfüllt haben.»

 

Sie glaube schon, dass sie für einige Menschen in der Region eine Hoffnungsträgerin sei, sagt Eva Jaisli selbstbewusst. Sie wolle auch Verantwortung übernehmen und für andere und sich selbst einstehen. In ihrem Leben habe es auch einige Personen gegeben, die für sie eine Art «Hoffnungsträger» waren, weil sie ihr halfen, Herausforderungen anzunehmen – allen voran ihre Eltern, aber auch ihre Vorgesetzten. «Ich hatte Glück, dass ich so viele Menschen getroffen habe, die ihre Aufgaben mit viel Engagement erfüllt haben. Das können übrigens auch Lehrerinnen, der Pfadi-Leiter oder ein Trainer im Sportverein sein.»

 

Keine Angst vor Gegenwind

Sich mit ihrer Meinung öffentlich zu exponieren, ist heute für die 60-jährige Burgdorferin eine Selbstverständlichkeit. Schon in ihrem Erstberuf als Lehrerin habe sie gelernt, sich zu exponieren. «Als Führungsperson habe ich die Möglichkeit, gewisse Anliegen aufs Tapet zu bringen und als ‘Fahnenträgerin’ aufzutreten, auch wenn ich dadurch zuweilen stärkerem Gegenwind ausgesetzt bin.» Die Öffentlichkeit sei ein wichtiger Hebel, betont Jaisli, denn gewisse Veränderungen könnten nur im

Kollektiv herbeigeführt werden. Eva Jaisli sieht sich als Geschäftsführerin einer Firma mit 180 Mitarbeitenden verantwortlich für faire Anstellungsbedingungen, eine sinnstiftende Firmenkultur und die Vergabe von Aufträgen in der Region. In ihrer Rolle als weiblicher CEO in einer Firma

für Qualitätsschraubenzieher und andere Produkte, versucht sie bewusst auch Mädchen

für technische Berufe abzuholen und strebt insgesamt einen Frauenanteil von 40 Prozent an. Jaisli kämpft für die Flexibilisierung bei Anstellungen, für Vatertage, Teilzeit-Lösungen, usw. Anerkannt wurde sie für ihr Engagement schon von vielen Seiten; etwa von der Universität Bern, von der sie den Ehrendoktortitel erhielt.

 

«Ich will mich in den Dienst der Menschen stellen»

 

Sie wolle sich in den Dienst der Menschen stellen, sagt die Unternehmerin dazu. Dies gelte für sie in vielen Bereichen: «Bei PB Swiss Tools möchte ich den Mitarbeitenden eine Perspektive ermöglichen. Bei Swissmem möchte ich den exportorientierten KMU’s eine Stimme geben und mich in politischen Prozessen einbringen.» Und dann möchte Eva Jaisli natürlich weiterhin für die Zukunft des Spitals Emmental und die Region einstehen.

 

Die Natur als Energiequelle

Mit all ihren Aufgaben kommt ein happiges Pensum zusammen, das unweigerlich die Frage nach dem persönlichen Energiehaushalt  aufwirft. Immerhin ist Eva Jaisli auch noch Ehefrau und vierfache Mutter! «Es ist schon so, dass ich grundsätzlich viel Energie habe. Und dieser Energiepegel, den ich morgens in die Firma bringe, ist wichtig für die ganze Belegschaft. Denn ie Leute deuten auch nonverbale Signale des Vorgesetzten sehr genau.» Um ihren Energiepegel hoch zu halten, braucht Eva Jaisli vor allem Auszeiten in der Natur. Oft legt sie die 18 Kilometer Arbeitsweg mit dem Velo zurück. Sowieso ist sie gerne an der frischen Luft.

 

«Dieser Kraft ausgesetzt zu sein, wenn’s regnet oder kalt ist, das macht einen demütig.»

 

In der Natur tanke sie sehr viel Energie, so Jaisli. Und die Natur lehre sie vor allem eines: Demut. «Dieser Kraft ausgesetzt zu sein, wenn’s regnet oder kalt ist, das macht einen demütig und relativiert die eigenen Kräfte», reflektiert die erfolgreiche Geschäftsfrau. Wenn man dann vor einem Berg stehe, erkenne man, welche Grösse und Bedeutung man tatsächlich in der Welt hat. «Denn man nimmt sich manchmal schon gar wichtig.» Vom Berg habe sie aber noch eine andere Lektion gelernt: Auch wenn er sich zuerst wie ein Riese vor einem auftürmt, kann man ihn doch erklimmen. «Man muss sich etwas überwinden, aber es ist möglich, den Berg hochzukommen.»

 

Aus der Komfortzone heraustreten

Durch die internationale Tätigkeit ihrer Firma ist Eva Jaisli auch oft auf Reisen – besonders im asiatischen Raum, wo viele Schraubenzieher aus dem Emmental ihre Abnehmer finden (2013 gründete PB Swiss Tools sogar eine Vertriebsgesellschaft in China). Auch über diese globale Vernetzung freut sich Jaisli – nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus persönlichen Gründen. «Es tut gut, sich

in eine Umgebung vorzuwagen. Einfach mal raus aus dem Vertrauten und in ganz andere ebenswelten

eintauchen – das hilft einem, Dinge zu verstehen.» Die Expansion nach Asien habe sie dazu gezwungen, sich auf Menschen aus einer ganz anderen Kultur einzulassen. Und die Reisen hätten ihr immer vor Augen geführt, welch ein Privileg es ist, in der Schweiz so sauberes Wasser und so saubere

Luft zu haben. «Wenn ich aus Asien zurückkomme und dann wieder der Emme entlang oder über die Hügel jogge, bin ich einfach nur sehr glücklich, dies zu erleben. Das ist doch pure Energie, oder nicht?!»

 

3 Tipps von Eva Jaisli

1. SICH SELBST KRITISCH HINTERFRAGEN

«Gerade in Positionen, wo man eine gewisse Macht hat, sollte man unbedingt die eigene Verhaltensweise reflektieren. Es ist entscheidend, dass man sich immer wieder selbst Rechenschaft ablegt.»

 

2. PERSPEKTIVENWECHSEL

«Durch Globalisierung und Digitalisierung ist das Leben komplexer geworden. Umso wichtiger ist es, sich mehrere Sichtweisen anzueignen. Vor einer  Entscheidung sollte man sich genügend Zeit nehmen, die Details zu analysieren, um verschiedene Lösungen zu prüfen.»

 

3. DIE BEREITSCHAFT VON ANDEREN ZU LERNEN

Beim Zuhören und Nachfragen lerne ich Zusammenhänge und Meinungen anderer besser zu verstehen, was für mich oft ein Schlüssel zu neuen Erkenntnissen ist.

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